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- Veröffentlicht am Dienstag, 27.11.2018
Haushalt 2019: Fördermittel sind wie Opium für Abhängige
FWG: „Klappe halten“ reicht nicht mehr. Mut und Zivilcourage gefordert!
Peter Christian Schröder
Nachdem der Bürgermeister in der Ratssitzung am 25.09.2018 den Haushalt 2019 einbrachte, stand dieser nun am 27.11.2018 zur Abstimmung. Unser Fraktionsvorsitzender, Peter Christian Schröder, hielt in der Ratssitzung am heutigen Tage folgende Haushaltsrede (es gilt das gesprochene Wort):
Sehr geehrte Damen und Herren,
der Haushalt 2019: statt ursprünglichen 900 T€ minus erst 177 T€ minus, jetzt 215 T€ plus. Das zeigt: Wir sind auf Gedeih und Verderb abhängig vom Land NRW! Doch statt Steuerentlastung Steuererhöhung. Statt personelle Engpässe auszugleichen, Personalabbau. Für uns sind das Gründe, den Haushalt 2019 abzulehnen.
Stichwort Haushaltsausgleich
Am letzten Dienstag lagen wir nach einer Neuberechnung bei 177 T€ minus. Heute liegen wir nach einer weiteren Neuberechnung bei 215 T€ plus. Beides resultiert aus höheren Zuweisungen des Landes. Und in der Tat ist es ja so, daß wir Geld für alles mögliche bekommen: Für die Regionale, für Leader, für die Renovierung der Schulen, neuerdings sogar, um einen Heimatpreis auszuloben. Fördermittel sind in Kierspe wie Opium für Abhängige: Dafür tut man alles, hält vor allem die Klappe und nimmt, was man kriegen kann! Das ist in Kierspe nunmal seit Jahrzehnten eingeübt. Letztes Beispiel: der Mehrgenerationenplatz.
Wir hängen am Tropf unseres „Dealers“, der über Wohl und Wehe entscheidet. Und das eigentliche Problem will niemand mehr sehen: es läuft was falsch in unserem Land! Höchstens noch in Sonntagsreden – wie z.B. hier vereinzelt in den Haushaltsreden – hört man noch vom „Konnexitätsprinzip“, dem alten Grundsatz, „wer bestellt, muß auch bezahlen“. Doch schon lange haben sich alle etablierten Parteien damit abgefunden, daß es ja viel einfacher ist, alles so zu belassen, wie es ist, anstatt etwas Neues zu wagen.
Es ist zwar schön, wenn wir nächstes Jahr nach langer Zeit im Minus ein Plus von 215 T€ haben. Es hätten allerdings leicht auch 1 Mio. Euro Plus sein können, wenn nicht z.B. der seit langem überflüssige Fonds Deutsche Einheit mit 449 T€ wäre oder die in Kierspe lebenden geduldeten Migranten auch von uns bezahlt werden müßten. Das sind immerhin 866 €/Monat/Migrant × 55 Migranten = 50 T€ pro Monat, die das Land NRW der Stadt Kierspe nicht ersetzt! Und um das nocheinmal ganz klar zu sagen: Wenn der Bund Migranten aufnehmen will, ist das ganz allein seine Sache. Dann aber soll er es auch bezahlen. Und zwar nicht mit irgendwelchen Pauschalen, sondern auf Heller und Pfennig und auch für die, die durch Entscheidung des Landes – aus welchen Gründen auch immer – hier bleiben dürfen, obwohl sie kein Asyl bekommen haben und somit eben nur „geduldet“ sind.
Stichwort Steuern
Wieder liegt der Vorschlag einer Grundsteueranhebung auf dem Tisch. Einerseits spülen höhere Gewerbe- und Grundsteuerhebesätze kurzfristig zwar mehr Geld in die kommunalen Kassen, doch auf lange Sicht sind sie meist kontraproduktiv: Der Standort verliert an Attraktivität, das Wohnen wird teurer. Unternehmen wandern ab, Neuansiedlungen werden erschwert. Und in einer Stadt mit einem niedrigen Pro-Kopf-Einkommen wie in Kierspe, wirkt das besonders.
Die Gemeindefinanzierung muß dringend auf andere, auf verläßliche Füße gestellt werden. Eine weitere Gemeindefinanzierung nach örtlicher Kassenlage wird dieses Land langfristig spalten und die Armut verfestigt sich so immer weiter. Die Steuereinnahmen in NRW stiegen in 2018 um 6,1% oder um 1,7 Mrd. Euro. Trotzdem sollen wir gezwungen werden, Steuern zu erhöhen. Wir lehnen diese sog. „moderaten“ Steuererhöhungen, die uns das Land oktroyiert, klar ab!
Stichwort Personal
Den Behörden, Verwaltungen und öffentlichen Einrichtungen in diesem Land fehlt Personal, sehr viel Personal. Deshalb betreiben Kommunen, Länder und sogar der Bund zunehmend eines: Mangelverwaltung. Die restlichen Beschäftigten müssen viele Aufgaben übernehmen, die sonst auf mehr Mitarbeiter verteilt werden könnten. Viele Beschäftigte im öffentlichen Dienst fühlen sich überlastet – und dafür viel zu schlecht bezahlt. Den Eindruck haben wir auch in Kierspe. Letztes Beispiel: Friedhofsneuordnung!
Der Abbau von Personal ist aus unserer Sicht kein Mittel, den Haushalt zu konsolidieren. Viel wichtiger ist es, Stellen vernünftig zu besetzen. Für uns ist das untere Ende der Stange schon längst erreicht und es würde Sinn machen, über eine Neuausrichtung nachzudenken.
Es bleibt festzustellen, daß die Mitarbeiter der Kiersper Stadtverwaltung mit dem schon Jahrzehnte andauernden finanziellen Mangel umzugehen gelernt haben und trotzdem noch eine Menge auf die Beine stellen. Hierfür sei ihnen herzlich gedankt.
Was kann man ändern?
Ich komme zu meinem Ceterum Censeo. Man kann sich hinter Gesetzen und Vorschriften verstecken und sagen, daß man ja keine andere Chance hat. Das macht die Mehrheit hier im Raume jedes Jahr. Man kann aber auch mal aufstehen und deutlich machen, daß man diese Spielchen nicht mehr mitspielt. Man könnte seine Vertreter in den Parlamenten mal gehörig auf die Füße treten und sie verpflichten, endlich Abhilfe zu schaffen. Aber dazu gehören Mut und Zivilcourage.
Es ist wohltuend, daß die Menge der Bürger, die mit Schröpfen und Bevormundung seitens des Staates nicht einverstanden sind, immer größer wird. Man denke nur an die Diskussion um CETA, TTIP und G9, die einen gehörigen Mitwirkungs- und Änderungswillen im Volk offenbarte, was schließlich dazu führte, daß NRW – zumindest in Sachen G9 – jetzt wieder auf Kurs ist. Bei den Straßenausbaubeiträgen verhält es sich jetzt ebenso. In Bayern (dem ehemals so schwarzen), haben die Freien Wähler mit einer Volksabstimmung dafür gesorgt, daß die Straßenausbaubeiträge abgeschafft wurden und nun das Land in der Pflicht ist. In Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen etc. haben sich Initiativen gebildet, die gleiches wollen. Und auch in NRW versucht man gerade ähnliches und hat dabei jede Menge Mitstreiter gefunden: den Steuerzahlerbund, die SPD und sogar große Teile der CDU. Es tut sich was in unserem Land. Und das ist auch gut so.
Fazit
Der Haushalt 2019 wurde uns vom Land oktroyiert. Wie in den letzten Jahren auch, stimmen die mathematischen Additionen. Der Kämmerer ist sehr verläßlich und leistet gute Arbeit. An dieser Stelle herzlichen Dank dafür. Die Summen des Haushalts jedoch spiegeln nach wie vor den Druck des Landes wieder, unseren Haushalt auszugleichen und unsere Bürger dafür zur Kasse zu bitten. Solange aber Bund und Land ihren Verpflichtungen den Kommunen gegenüber nicht nachkommen, werden wir auch dem Haushalt nicht zustimmen können, denn dieser ist der Ausdruck dessen, was wir ablehnen.