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- Veröffentlicht am Dienstag, 29.11.2016
Haushalt 2017: Ablehnung aus Verantwortung für Kierspe.
FWG: 430.000 Euro für Fonds Deutsche Einheit sind irrwitzig! Bund und Land weigern sich, Verantwortung zu übernehmen.
Peter Christian Schröder
Nachdem der Bürgermeister in der Ratssitzung am 20.09.2016 den Haushalt 2017 einbrachte, stand dieser nun am 29.11.2016 zur Abstimmung. Unser Fraktionsvorsitzender, Peter Christian Schröder, hielt in der Ratssitzung am heutigen Tage folgende Haushaltsrede (es gilt das gesprochene Wort):
„Sehr geehrte Damen und Herren,
seit nunmehr acht Jahren sitzen wir im Rat der Stadt Kierspe. Und genauso lange lehnen wir auch schon die Haushalte der Stadt Kierspe ab. Der Bürgermeister und die Mehrheitsfraktionen beschuldigen uns immer wieder, wir würden uns damit weigern, Verantwortung zu übernehmen. Doch genau das Gegenteil ist der Fall! Ich drehe den Vorwurf sogar um: Sie alle, die dem Haushalt zustimmen, weigern sich, Verantwortung zu übernehmen!
Seit dem Bau der Gesamtschule, also seit fast 50 Jahren, ist Kierspe chronisch pleite. Dazu kommen noch andere Gründe, unter anderem auch topographische. Wir haben nun mal nicht die Möglichkeit, gute Gewerbeflächen auszuweisen und unsere nachteilhafte stadtentwicklungspolitische und verkehrliche Situation macht die Sache auch nicht besser. Das sind zunächst einmal keine Vorwürfe an irgend jemanden, außer vielleicht an die Mönche der Abtei Deutz, die vor tausend Jahren die Margarethenkirche besser in den heutigen Ortsteil Bahnhof gebaut hätten.
- Zu diesen Gründen kommt von außen dazu, daß die kommunalen Finanzen seit mindestens 50 Jahren von Bund und Land links liegen gelassen werden. Denn ganz ehrlich: Schulen fallen laut Grundgesetz in die Angelegenheit des Landes. Wenn das Land eine Gesamtschule wie unsere haben möchte, soll sie sie auch bezahlen und unterhalten! Uns frißt sie nämlich auf!
- Wenn der Bund Flüchtlinge aufnehmen will, was ganz allein seine Sache ist, dann soll er es auch bezahlen. Und zwar nicht mit irgendwelchen Pauschalen, sondern auf Heller und Pfennig! Und dazu gehört auch die Bereitstellung und/oder Bezahlung von Personal.
- Wenn das Land möchte, daß wir nicht mehr im Minus rumwurschteln, aber uns jede Möglichkeit nimmt, uns zu entwickeln, so daß wir sogar gezwungen sind, Gewerbegebiete zu planen, deren Lage und Zustand mehr als fragwürdig sind und die unter normalen Umständen wohl nicht realisiert würden, so ist das verlogen.
Die Liste ließe sich beliebig verlängern! Und Sie, meine Damen und Herren, lassen sich einlullen von unseren Volksvertretern: Denn nichts anderes ist es, wenn Dr. Liese, Dr. Heider, Frau Crone oder Herr Dudas sich hinstellen und Geldsegen aus Brüssel, Berlin oder Düsseldorf verkünden. Man könnte es auch Opium für‘s Volk nennen. Es wird uns auf der einen Seite Geld gegeben, gerade soviel, daß wir nicht mehr aufmucken. Davon können schöne Dinge gemacht werden: Volme-Freizeitpark, Fassadenprogramm, ein bißchen Renovierung der Gesamtschule, jetzt kommt nochmal LEADER, dann wieder eine Regionale. Da fallen die 430.000 Euro, die wir auf der anderen Seite und irrsinnigerweise immer noch für den Fonds deutsche Einheit bezahlen müssen, gar nicht so auf.
Das Hauptproblem löst dieses Ruhigstellungsgeld aber nicht: Kierspe ist pleite und die, die das ändern könnten, nämlich die Fraktionen von CDU, SPD, Grünen und FDP in Bund und Ländern, weigern sich das zur Kenntnis zu nehmen und fordern bei sprudelnden Steuereinnahmen stattdessen immer noch neue „moderate“ Steuererhöhungen. Unser klares Votum ist: Nein! Unser Volk wird sowieso schon von Bund und Land geschröpft und als Zahlmeister der EU mißbraucht, die immer hanebüchenere Geldausgabe-Ideen haben und unserem Volk immer mehr zumuten.
Wie kann man das ändern? Man kann sich hinter Gesetzen und Vorschriften verstecken und sagen, daß man ja keine andere Chance hat. Das macht die Mehrheit hier im Raume jedes Jahr. Man kann aber auch mal aufstehen und deutlich machen, daß man diese Spielchen nicht mehr mitspielt. Man könnte seine Vertreter in den Parlamenten mal gehörig auf die Füße treten und sie verpflichten, endlich Abhilfe zu schaffen. Aber dazu gehören Mut und Zivilcourage.
In diesem Jahr gibt es natürlich auch noch einen anderen Grund, den Haushalt nicht mitzutragen: Wir alle wissen um den demographischen Wandel. Kierspe wird kleiner. Wir sagen: Na und? Klein ist fein! Wir brauchen kein Östlich Rathaus II. Schon der erste Teil war ein Schlag ins Wasser! Außer Wellen nichts gewesen! Alles was durch Östlich Rathaus erreicht wird, ist noch mehr Zerstörung von Natur und Naherholungsgebieten und noch mehr Verkehrschaos. Und warum? Weil eine kleine und geheime Gesellschaft der Stadt die Dollar-Zeichen in den Augen stehen hat und sich berauscht am eigenen Erfolg.
Nicht nur die Mönche der Abtei Deutz haben vor tausend Jahren eine falsche Entscheidung getroffen. Auch Sie haben das: die erste vor sieben Jahren mit Östlich Rathaus I, die zweite jetzt mit Östlich Rathaus II. Den Mönchen kann man es nachsehen. Ihnen wird man es weiter vorwerfen können, denn bei Ihnen kommt noch dazu: Sie haben das Volk belogen!
Mit dem Haushalt 2017 stehen heute nicht nur dessen Zahlen zur Abstimmung. Die mathematischen Additionen stimmen, aber die Summen sind das Ergebnis des politischen Handelns der letzten Jahre und des Drucks der übergeordneten Behörden, unseren Haushalt auszugleichen und unsere Bürger dafür zur Kasse zu bitten. Weder Bürgermeister noch die meisten Fraktionen sind Willens, aus unserem strukturellen Defizit konzeptionelle Wege herauszuzeigen.
Aus Verantwortung für die Zukunft Kierspes bleibt uns deshalb nur, diesen Haushalt 2017 mitsamt seinem Haushaltssicherungskonzept abzulehnen.“