Finanzielle Handlungsfähigkeit wiedergewinnen.

Pro Kierspe: Ausgeglichener Haushalt nicht darstellbar. Verantwortungs- und maßvoll wirtschaften.

Am 31.03.2009 wurde dem Rat der Haushalt 2009 vorgelegt. Wir hätten uns gewünscht, das die Verwaltung den Haushaltsentwurf zurückzieht, einen neuen, realistischen Entwurf erarbeitet, und diesen dem Rat erneut zur Verabschiedung vorlegt. Nun hat der Rat diese Arbeitsgrundlage einstimmig beschlossen, wie sie vorgelegt wurde. Mit viel Hoffnung aber geringerer Zuversicht müssen wir nun alle in den kommenden Jahren daran arbeiten, die finanzielle Situation Kierspes zu stabilisieren und zu verbessern.

Martin Schlüchting und Peter Christian Schröder fordern verantwortungs- und maßvolles wirtschaften.

Martin Schlüchting und Peter Christian Schröder fordern verantwortungs- und maßvolles wirtschaften.

Bei dem Ansatz der zu erwartenden Erlöse aus Gewerbesteuern, dem Anteil an der Einkommensteuer und der Umsatzsteuer wurde offensichtlich von einer Steuerschätzung ausgegangen, die vor der internationalen Finanzkrise und der sich abzeichnenden Wirtschaftskrise lag. Demgegenüber zeigte die Prognose des Arbeitskreises Steuerschätzung vom November 2008 schon deutliche Ansätze der zu erwartenden Steuerrückgänge. Und auch vom Finanzamt Lüdenscheid wurde vor kurzem eine Einschätzung veröffentlich, die von dramatischen Steuereinbrüchen für 2009 spricht.

Vor diesem Hintergrund kann der geplante Betrag von 5,7 Mio. Euro an Gewerbesteuern für Kierspe, der sogar noch 0,4 Mio. Euro über dem Vorjahr (2008) liegt, keine Basis für eine realistische Haushaltsplanung sein. Wenn 2009 gegenüber 2008 nur ca. 25% weniger Einnahmen erzielt werden (die Kämmerer der Städte im nördlichen Märkischen Kreis rechnen mit einem Rückgang der Gewerbesteuer um bis zu 40 Prozent)[1], so dürfte der Ansatz nur bei rd. 4,0 Mio. Euro liegen.

Der Haushalt ist also allein bei dieser einen Position um 1,7 Mio. Euro zu hoch angesetzt. Das bedeutet, daß nicht von einem Defizit von 2,7 Mio. Euro auszugehen ist, sondern von mindestens 4,4 Mio. Euro.

Bei dem Gemeindeanteil an der Einkommensteuer wird von einer Steigerung um 0,2 Mio. Euro auf 6,2 Mio. Euro ausgegangen, also rd. 3%. Auch diese Zahlen dürften einer Steuerschätzung entstammen, die vor der Finanz- und Wirtschaftskrise erstellt wurde. Nach allgemeinem Trend dürften auch hier Steuerrückgänge zu verzeichnen sein. Ebenso bei der Umsatzsteuer, bei der zwar ein Rückgang um 0,01 Mio. Euro auf 0,61 Mio. Euro geplant ist, der aber sicherlich stärker ausfallen wird.

Fazit ist,

  • daß mit diesen Zahlen ein ausgeglichener Haushalt nicht darstellbar ist, da zur Deckung die Ausgleichsrücklage nicht mehr ausreicht. Kierspe befände sich dann, wie viele andere Gemeinden Nordrhein-Westfalens auch, in der Haushaltssicherung. Dies wäre eine Möglichkeit, weiteren Schaden durch zu hohe Ausgaben abzuwenden.
  • daß die Einführung des NKF – neben vielen Vorteilen – auch einen entscheidenden Nachteil mit sich gebracht hat: Der Bürgermeister konnte nun zum dritten Mal einen formell ausge-glichenen Haushalt vorlegen. Dies ist deswegen so bedenklich für Kierspe, weil sich aus diesen ausgeglichenen Haushalten Ausgaben generieren lassen, deren Größenordnung die Finanzkraft Kierspes deutlich übersteigt.
  • daß dieser nun vorliegende Haushalt 2009 für Kierspe so beschlossen ist. Nun muß verantwortungs- und maßvoll gewirtschaftet werden, um aus dieser Situation das Beste für die Bürgerinnen und Bürger unserer Stadt herauszuholen. Prioriäten überdenken und neue Wege gehen sollte hier unser gemeinsames Ziel sein.
Finanzielle Handlungsfähigkeit wiedergewinnen.

Die zentrale Frage, die uns in der nächsten Legislaturperiode beschäftigen wird, ist aber unbestreitbar: "Wie können wir die finanzielle Handlungsfähigkeit unserer Stadt wiedergewinnen?" Wir werden uns Gedanken machen müssen um eine nachhaltige Stadtpolitik, die auch künftigen Generationen noch Gestaltungsspielräume ermöglicht.

Dabei ist auf die Erhaltung einer angemessenen und tragfähigen sozialen und kulturellen Infrastruktur und Grundversorgung zu achten. Hier sind jedoch vor allem auch Bund und Land gefordert: Ohne eine konsequente Einhaltung des Konnexitätsprinzips ("Wer bestellt, der muß auch zahlen") und eine dauerhaft wirksame Reform der Gemeindefinanzierung sind die derzeitigen Probleme Kierspes nicht zu lösen!

Ein erster Schritt zur Wiedergewinnung der finanziellen Handlungsfähigkeit ist die Rückkehr zum Blick auf das Große Ganze. Die Zuständigkeitsordnung sollte dahingehend geändert werden, daß die Fachausschüsse analog zu den Produktgruppen im Haushalt neu zugeschnitten werden. Hier muß auch die Verwaltung ansetzen, deren Sachgebiete mit diesem Zuschnitt übereinstimmen müssen. So werden Reibungsverluste und Kompetenzunstimmigkeiten vermieden.

Ein zweiter Schritt sollte die Optimierung von Arbeitsabläufen und Organisationsstrukturen innerhalb der Verwaltung sein. Hier sollten verstärkt die neuen technischen Möglichkeiten genutzt werden, um mehr Effizienz und eine größere Kundenfreundlichkeit zu erreichen. Zudem sollten die Sachgebiete eigenverantwortlicher geführt werden, so daß jeder Mitarbeiter in seinem Sachgebiet seine Kompetenzen verantwortlich einsetzen und engagiert handeln kann. Das motiviert die Mitarbeiter und fördert Vertrauen beim Bürger.

Die Frage, wo und wie man etwas zum Wohle der Kiersperinnen und Kiersper verbessern kann, muß im alltäglichen Handeln der Verwaltung ein Automatismus werden. Der bisher noch oft zu hörende Grundsatz, "das haben wir schon immer so gemacht" oder "das lief doch immer gut", gehört in die Mottenkiste. Es geht darum, Bewährtes zu bewahren und Störendes zu ändern oder abzuschaffen.

Ein dritter Schritt sollte die Überprüfung aller geplanten Projekte sein, ob die dadurch hervorgerufenen Folgekosten erwünscht und verantwortbar sind. Dies gilt insbesondere für Großprojekte wie neue Straßen oder Baugebiete sowie den möglichen Kauf neuer Immobilien. Wir lehnen solche Projekte ebenso ab wie Neuausweisungen von Wohnbau- und Gewerbeflächen auf der grünen Wiese, bevor nicht alle Potentiale aus Nachverdichtungen, Baulückenschließungen sowie Flächenrecycling ausgeschöpft wurden.

Ein vierter Schritt ist die Herstellung von Transparenz in Rat und Verwaltung. Entscheidungen müssen nachvollziehbar und weitestgehend öffentlich sein. Die Kiersper Bürgerinnen und Bürger interessieren sich in hohem Maße für die Entwicklung unserer Stadt und bringen sich oft genug mit eigenen Ideen und Vorstellungen für ihr Umfeld ein. Dieser Wunsch nach Partizipation ist eine Ressource, die momentan nur in unzureichendem Maße genutzt wird. Oft genug wurde sogar der Versuch unternommen, den Bürgerinnen und Bürgern die Mitsprache zu erschweren.

Wir haben diese Transparenz in der Vergangenheit oft schmerzlich vermißt: Warum beteiligt man den Bürger nicht schon in der Planungsphase, bevor man ihm eine Durchgangsstraße durch seinen Garten plant? Warum verbietet man dem Bürger in den Ausschüssen das Wort? Warum wird soviel hinter verschlossenen Türen in der sog. Interfraktionellen Runde besprochen, anstatt dort wo es eigentlich hingehört: in den Rat und die Ausschüsse? Wir brauchen eine Kultur der Mitsprache und der offenen Diskussion, denn eine gute Kommunalpolitik setzt die Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger und die Berücksichtigung ihrer Ideen und ihres Wissens voraus.

Die Finanzen unserer Stadt werden uns – und wahrscheinlich allen Kiersper Kommunalpolitikern – noch manche schlaflose Nacht und manchen Schlagabtausch bescheren. Wir werden jedenfalls weiter in offenem Gedankenaustausch mit den Bürgerinnen und Bürgern unserer Stadt die Themen anpacken, die uns für Kierspe von zentraler Bedeutung erscheinen. Wir reichen dabei jedem die Hand, wenn sie in Sachfragen mit uns streiten wollen – ohne Rücksicht auf das Parteibuch – um gemeinsam unserem Motto für Kierspe zu folgen: "Zukunft gestalten."


Fußnoten

[1] Quelle: Westdeutscher Rundfunk, Studio Siegen, Meldung vom 15.03.2009

 


Freie Wählergemeinschaft Kierspe

Sachbezogen • Unabhängig • Bürgernah

Seit 2008

Geschäftsstelle

Haunerbusch 38

58566 Kierspe


Telefon:

eMail:


02359 295272

post @ fwg-kierspe.de

Impressum          Datenschutzerklärung